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Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23.1.2018 zu 4 Ob 4/18v

- zur (fehlenden) Bedeutung des Vermerks auf der Rechnung: „Lieferung erfolgt unter...

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Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23.1.2018 zu 4 Ob 4/18v

- zur (fehlenden) Bedeutung des Vermerks auf der Rechnung: „Lieferung erfolgt unter Eigentumsvorbehalt“


Der Eigentumsvorbehalt ist das wohl praktisch wichtigste Sicherungsmittel bei drittfinanzierten Kaufverträgen. Trotz der Bedeutung in der täglichen Praxis beschäftigen Fragen der Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts immer wieder die Gerichte.

 

Für den Finanzierer stellt sich dabei häufig das Problem, dass die Kreditfinanzierung im Wege eines Vermittlers (etwa Händler, Lieferant) abgeschlossen wird und er selbst auf die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts im Kaufvertrag – da nicht selbst Vertragspartei - keinen bzw. nur mittelbaren Einfluss hat.

 

Dies kann den Finanzierer insofern vor Probleme stellen, als dass ein Eigentumsvorbehalt nach Abschluss des Kaufvertrags und Übergabe des Kaufobjekts nicht mehr wirksam begründet werden kann. Ein solcher nachträglicher, erst nach Übergabe der Kaufsache an den Käufer vereinbarter Eigentumsvorbehalt kann die bereits erfolgte Eigentumsübertragung nicht mehr rückgängig machen. Ein solcher nachträglicher Eigentumsvorbehalt ist daher unwirksam (RIS-Justiz RS0020348).

 

Der in der Praxis durchaus übliche Vermerk auf Rechnung oder Lieferschein: „Lieferung erfolgt unter Eigentumsvorbehalt“ oder ähnliches ist daher für sich allein nicht ausreichend, um einen wirksamen Eigentumsvorbehalt zu begründen. Denn die Rechnungslegung erfolgt in der Regel nach Übergabe des Kaufobjektes und vermag als einseitige Erklärung keine Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zu bewirken.

 

Selbst wenn aber keine „schriftliche“ Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zwischen Händler (bzw. Lieferant) als Verkäufer und dem Käufer (und Kreditnehmer) im Kaufvertrag erfolgt, bedeutet dies aber nicht notwendigerweise, dass kein Eigentumsvorbehalt anzunehmen wäre.

 

Denn der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.1.2018 zu 4 Ob 4/18v festgehalten, „dass bei einem durch eine Bank drittfinanzierten Kauf nach der Verkehrsübung die Kaufpreisforderung samt dem Vorbehaltseigentum an die finanzierende Bank übertragen wird. Ist daher allen Beteiligten klar, dass der Kauf durch Einschaltung einer Bank finanziert werden soll, gehen also die Vertragsparteien vor Abschluss des Kaufvertrags von einer solchen Finanzierung aus, so ist im Allgemeinen die schlüssige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts anzunehmen.“  

 

Bei einer Drittfinanzierung kann also mit dem Argument einer schlüssigen Vereinbarung der Eigentumsvorbehalt unter Umständen und je nach Lage des Einzelfalls gerettet werden, selbst wenn im Kaufvertrag kein Eigentumsvorbehalt schriftlich festgehalten ist.

 

In dem der Entscheidung zu Grunde liegendem Sachverhalt, in der die Kanzlei Tramposch & Partei die kreditfinanzierende Bank vertreten hat, wurde das Sicherungsobjekt allerdings vom inzwischen insolventen Käufer weiterveräußert und berief sich die beklagte Partei, welche das Sicherungsobjekt angekauft und wiederum selbst weiterveräußert hat, auf einen gutgläubigen Eigentumserwerb.

 

Die Argumentation der beklagten Partei war durchaus plausibel, denn wie sollte die beklagte Partei schlechtgläubig sein, wenn doch der Eigentumsvorbehalt nur schlüssig, also stillschweigend vereinbart worden war.

 

Hier kommt nun aber dem oben erwähnten und von Juristen oft als verspätet gescholtenen Vermerk auf der Rechnung „Lieferung erfolgt unter Eigentumsvorbehalt“ doch Bedeutung zu.

 

Der Oberste Gerichtshof hierzu wörtlich:

 

„Bei einem gutgläubigen Erwerb von Gegenständen, die häufig unter Eigentumsvorbehalt stehen und nicht im ordentlichen Geschäftsbetrieb verkauft werden, sind an die Nachforschungspflichten eines erwerbenden Unternehmers strenge Anforderungen zu stellen (RIS-Justiz RS0010904; RS0010877). Dies gilt insbesondere in Bezug auf Anlagevermögen, das nicht von vornherein zur Weiterveräußerung bestimmt ist (RIS-Justiz RS0010878). Der Erwerber darf sich in solchen Fällen nicht allein auf die Zusicherung des Verkäufers verlassen, sondern hat sich entsprechende Urkunden vorlegen zu lassen (RIS-Justiz RS0010228; RS0010904). Die für den Eigentumserwerb erforderliche Gutgläubigkeit wird bereits durch leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0010869 [T4]).

 

Nach den Feststellungen war vor allem den Kreditunterlagen und auch der Rechnung der ursprünglichen Verkäuferin der Hinweis auf einen Eigentumsvorbehalt zu entnehmen. Die wiederum typisch von den Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Einsichtnahme in die genannten Urkunden geeignet gewesen sei, bei der Beklagten Zweifel am Eigentum ihrer Geschäftspartnerin, der ursprünglichen Käuferin, zu erwecken, zumal die Veräußerung der Maschine nicht zu deren gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörte, weshalb guter Glaube der Beklagten am Eigentum oder an der Verfügungsbefugnis ihrer Geschäftspartnerin nicht angenommen werden könne, erweist sich ebenfalls als nicht korrekturbedürftig.“

 

In diesem Fall verhinderte der Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt auf der Rechnung also den Gutglaubenserwerb und hatte wesentliche rechtliche Konsequenzen.

 

So konnte der Wert des Sicherungsobjekts doch noch für die kreditfinanzierende Bank gerettet werden, getreu unserem Motto: „Bei Bedarf wird gehext“!